Dortmunder Appell

Dortmunder Appell

Mehr Sprachen für alle!

Die natürliche Mehrsprachigkeit an den Schulen in NRW fördern!

Die Schulen in NRW sind mehrsprachig. In den Klassen lernen gemeinsam Schülerinnen und Schü­ler, die Deutsch, Türkisch, Polnisch, Italienisch, Russisch, Arabisch oder viele andere Sprachen als Muttersprache sprechen.

Die Schulen müssen diese Normalität aufgreifen, damit alle Kinder und Jugendlichen ein hohes Leistungsniveau und gute Schulabschlüsse erreichen.

Die europäischen Erziehungsminister haben schon 1995 gefordert, dass alle Schulabgänger über drei Sprachen verfü­gen müssen. Das bedeutet für uns in NRW: Die jeweilige Landessprache, also Deutsch, eine zweite Sprache nach frei­er Wahl und die Weltsprache Englisch. Wenn in diese spra­chenpolitische Vorgabe die nichtdeutschen Familienspra­chen eingebunden werden, dann haben die Schulen eine Perspektive, die der Realität entspricht.

Die natürliche Mehrsprachigkeit ist ein großer Reichtum und eine Chance für alle.

In der zusammenwachsenden Welt werden mehrsprachige Kenntnisse immer wichtiger. Die natür­liche Mehrsprachig­keit ist ein großer Reichtum, von dem alle etwas haben: die Schülerinnen und Schüler und auch unser Land. Es wäre sehr kurzsichtig, diese Chance außer Acht zu lassen.

Die schulische Förderung der natürlichen Mehrsprachigkeit setzt an den Fähigkeiten der Schülerin­nen und Schüler an. Beim Übergang in die Grundschule darf kein Bruch in ihrer intellektuellen Ent­wicklung aufkommen, vielmehr sollen sie ihre Familiensprache als Schriftsprache weiter entwi­ckeln. Dadurch wird ihnen auch der Erwerb der deutschen Sprache und ihrer komplexen sprachli­chen Strukturen erleichtert. Dies hilft ihnen bei der Entwicklung ihrer Persön­lichkeit und stärkt die Verbindung mit unserem Land.

Unterrichtliche Angebote zur natürlichen Mehrsprachigkeit schaffen auch neue Lernmöglichkeiten für die nur mit der deutschen Sprache aufwachsenden Kinder und Jugendlichen. Gemeinsam mit Muttersprachlern können sie eine neue Fremdsprache lebendig erlernen.

Auf diese Weise wird die Türe geöffnet für eine interkulturelle Entwicklung der gesamten Schule. Zugleich werden die Eltern motiviert, sich mit der Schule ihrer Kinder zu identifizieren.

Mehrsprachigkeit ist ein wirksames Mittel gegen Rassismus.

Die schulische Aufwertung der natürlichen Mehrsprachigkeit hat auch eine politische Funktion: Sie ist ein wichtiges Mittel gegen Rassismus in Europa und auch in NRW. Wenn man Rassismus entge­genwirken will, muss man vor allem den Alltag in den Institutionen strukturell verändern. Schuli­sche Angebote zur Mehrsprachigkeit eignen sich dazu in besonderem Maße, weil sie für alle einen Gewinn darstellen. Die Gleichberechtigung von Sprachen trägt auch zur Gleichberechtigung der sie sprechenden Menschen bei.

Mehrsprachige Unterrichtsangebote müssen Teil des schulischen Sprachlernens werden.

Der schon seit vielen Jahren in unterschiedlichen Sprachen erteilte Herkunftssprachliche Unterricht muss aufgewertet und in das schulische Sprachlernen eingebunden werden. Dabei muss er mit dem Regelunterricht koordiniert wer­den. Dies geschieht in der Primarstufe z.B über die Program­me KOALA und bilinguale Klassen, in der Sekundarstufe I und II durch das ordentliche Fach „Mut­tersprache anstelle einer 2. Fremdsprache“ bis zum Abitur. Dabei sollten auch die Programme des Bundes und des Landes NRW genutzt werden.

In einem ersten Schritt können nicht alle Sprachen in gleicher Weise angeboten werden. Aber überall da, wo es mög­lich ist, können schon heute die entsprechenden Angebote eingerichtet werden, um den so wichtigen ersten Schritt zu machen, der später ausgebaut werden kann.

Die Umsetzung mehrsprachiger Angebote muss in ganz NRW organisiert werden!

In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Reihe von Schulen, die z.T. seit mehreren Jahren mehrsprachig arbeiten und da­bei große Erfolge vorweisen können. Ihnen gebührt große Anerkennung. Es ist an der Zeit, die Umsetzung in der Flä­che in den Blick zu nehmen.

Dabei sind alle angesprochen, ihre Verantwortung wahrzunehmen:

Lehrerschaft und Schulleitungen initiieren entsprechende Angebote und bereiten sich in Fortbil­dungen vor.

Die Schulaufsicht bestärkt und unterstützt die Schulen bei neuen Initiativen und der Umsetzung.

Die Kommunalen Integrationszentren unterstützen die Schulen durch Fortbildungen und Bera­tung.

Die Elternvereine und -verbände motivieren die Eltern, sich für mehrsprachige Angebote für ihre Kinder aktiv einzu­setzen.

In den Kommunen sorgen die Integrationsräte und die Gemeinderäte für eine systematische mehrsprachige kom­munale Schulentwicklungsplanung.

Die Zeit ist reif für eine landesweite Initiative zur Förderung der natürlichen Mehrsprachigkeit an den Schulen in NRW. Wir rufen alle Beteiligten auf, sich an dieser Initiative zu beteiligen.

September 2014